India, Japan USA 2004 - Email 2 - Monkey mountains

June 29, 2005

I wrote this e-mail to my friends after arriving in McLeod Ganj. It was sent on the 16th oct. 2004


In meinem letzten Mail habe ich vergessen zu erwähnen, dass in Delhi tatsächlich immer wieder Kühe auf der Straße stehen und dort leben, was einen treuen Gary Larson Fan natürlich irgendwie freut (ich stelle mir gerade einen von Larson illustrierten City Guide "Delhi, city of cows" vor :) ). Hier, in den Ausläufern des Himalaya gibt es weniger Kühe, dafür aber umso mehr Affen. Diese uns eindeutig überlegenen Tiere (Klettert ihr mal einen Maschendrahtzaun kopfüber runter) sind in Shimla allgegenwärtig. Von unserem Zimmer aus, mit Ausblick ins Tal hinunter, sehen wir immer wieder Affenclans von 15-30 Affen vorbeiziehen. Sie klettern über die verstreuten Häuser und die kleinen, mit Blechdächern versehen Schuppen, passieren mitunter die Straßen und werden von den Einheimischen praktisch ignoriert. Hin und wieder sollen sie ein Kleidungsstück von einer Wäscheleine klauen o.ä., aber im großen und ganzen ist es eine erstaunlich friedliche Koexistenz, die vielleicht in dem hiesigen Tempel des Affengottes Hanuman ihren Höhepunkt findet.

Überhaupt ist Shimla eine erstaunliche Stadt. Auf 2200 m Höhe, über den Sattel eines Gebirgszuges gebaut, ist Shimla vor allem eines: beeindruckend sauber. Die Müllabfuhr scheint hier, ganz im Gegesatz zu Delhi, zu funktionieren, die Luft ist gut, das Klima vergleichbar mit dem in unseren Breiten und die Vegetation ändert sich auf der 5-stündigen Schmalspurbahnfahrt vom Fuß der Gebirgskette von trockener Steppe über mediteranes Buschwerk zu grünen Nadelwäldern. Das Stadtbild ist geprägt von den schmalen englischen Häusern der Kolonialzeit, und so kommt man sich mehr wie in Cambridge vor als am Rande des Himalaya. Shimla scheint eine reiche Stadt zu sein, es gibt hier kaum Bettler und die Leute hier haben alle sehr ordentliche Kleider. Grund dafür oder Resultat daraus ist vielleicht der rege Honeymoon-Tourismus, der jeden Herbst zahlreiche indische Paare hierher zieht. So sind wir als westliche Touristen eindeutig in der Minderheit und anscheinend eine gewisse Attraktion, denn immer wieder bitten uns Inder unterschiedlichster Altersklassen (von Familien über kleine Gruppen von pubertierenden Burschen oder Mädls) um ein Photo mit uns. Sie stellen sich rund um uns auf und eine/einer macht ein Photo, dann sind sie glücklich und bedanken sich. Seltsam, die Inder.

An jeder Ecke gibt es hier Pastries die Kuchen in den wildesten Farben verkaufen. Leider unterbieten sie die geschmacklichen Erwartungen, die ich in sie gesetzt haben, deutlich. Überhaupt ist das indische Essen bis jetzt hinter unseren Erwartungen zurück geblieben - irgendwie schmecken diese Breie trotz unterschiedlicher Namen alle gleich. So kommt es, dass unser derzeitiger Favorit in den hiesigen Restaurants chinesisch ist: chowmein (dünne chinesische Nudeln mit Gemüse und manchmal Fleisch).

 - Schnitt-

So romantisch die Schmalspurbahnfahrt von Kalka nach Shimla war, so schlimm waren die ersten 30 Kilometer von Delhi Richtung Kalka. Durch unsere "Innere Reinigung" (=Durchfall) waren unsere Nasen schon in Delhi ziemlich empfindlich, und dadurch und durch die steigenden Temperaturen fand ich bereits Delhi eine schlimme Geruchserfahrung. Doch obwohl ich Pahar Ganj, die Backpacker Wohn- und Shoppinggegend, bereits für die olfaktorische Hölle gehalten hatte, so habe ich doch die wahren Abgründe menschlicher Geruchswahrnehmung erst bei der Zugfahrt gen Norden kennen gelernt. Für eine auch nur halbwegs treffende Beschreibung des Gestanks während der erste Stunde der Zugfahrt durch den Norden Delhis fehlt der deutschen Sprache der Wortschatz. Wenn die Inuit 30 Wörter für Schnee haben, so muss Hindi mindestens 20 für Gestank haben. Zum Glück gibt es aber in den Strassen Delhis auch hin und wieder großartig duftende Gewürzstände und Shops in denen Räucherstäbchen verwendet werden - diese sind aber leider eindeutig zu spärlich gesäht, und umso mehr weiß ich nun die großartige Luft hier in den Bergen zu schätzen.

Dass die Inder Englisch sprechen ist übrigens ein Gerücht. Viele sprechen kein Wort Englisch, und so scheint es uns so zu sein wie in den meisten Teilen der Welt: die jungen Gebildeten sprechen Englisch, und diejenigen, die einem etwas verkaufen wollen (allerdings oft ziemlich gebrochen & mit starkem Akzent). So werden Preisverhandlungen oder Wegbeschreibungen oft zu einem Ratespiel - aber das ist wohl einfach Teil des Indien-Erlebnisses.

Durch eine zweite Durchfallwelle in Shimla viel ins Hotelzimmer gezwungen, hatten wir wieder einige Zeit unsere soziologische Medienkritik fortzuführen (=fernzusehen). Resultat: indischen Fernsehen ist ziemlich jenseits. Es gibt einige News-channels (leider nicht englisch), Abens alte (und Sonntags auch
neuere) Bollywood Filme (leider ohne englische Untertitel), total billige Soap-Operas (deutsches Fernsehen ist nichts dagegen) und - last and most jenseits - Musikvideos. Wir dachten ja, die Inder seien eher prüde, wo westliche Frauen doch in jedem Reiseführer angehalten werden, keine ärmellosen Tops zu tragen und lange Hosen zu präferieren, und wo arrangierte Hochzeiten zwischen, selbstverständlich, jungfräulichen jungen Menschen die Regel sind. Die indischen Musikvideos hingegen bieten ein anderes Bild - hier konkurrieren Sexismus und Fleischbeschau mit internationalen Extremen.
Soviele wackelnde, spärlich bekleidete weibliche Hintern sieht man nicht mal auf MTV…

Die Werbungen sind auch ziemlich daneben - die meisten strotzen vor billigen Spezialeffekten und sind unglaublich cheesy. Ausserdem scheint in der der Hälfte der Werbungen der Werbeträger ein älterer Schauspieler, Amitabh Bachchahn, zu sein, den manche von euch vielleicht aus Kabi Kushi Kabi Gham (spielt dort den Vater) kennen.

Wieder einmal könnte ich noch einiges mehr schreiben, aber ich werde hier aufhören. In der nächsten Mail schreibe ich euch über McLeod Ganj, wo ich bereits bin während ich diese Zeilen in den Computer hacke. Der Durchfall hat sich zum Glück nach drei Tagen doch noch gelegt, und so behalten wir Shimla in angenehmer Erinnerung.

Alles Liebe aus dem Himalaya,
Enjoy the day,
Daniel

P.S.: Ich bitte euch alle um Zusendung eurer Addressen zwecks Postkarten-Aufgabe! Ein paar Zeilen wies euch so geht freuen mich auch immer!

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